Mein Name ist Martina Bauer (Name geändert), ich bin dreißig Jahre alt und möchte Ihnen von meiner Multiplen Sklerose erzählen.
Irgendwie will ich aber auch nicht. Ich sitze seit einigen Tagen und vielen Stunden an meinem Rechner und überlege was ich ihnen erzählen könnte, dass sie nicht sowieso schon wüssten.
Ein weiteres Problem ist, dass ich meine Krankheit im Moment nicht für so wichtig empfinde, stundenlang über sie nach zu denken und auch noch über sie zu schreiben. Seit fast zwei Jahren habe ich keine körperlichen Beschwerden mehr und seit einem Jahr ist mein Leben wieder unbeschwert. Ich habe mit meiner Multiplen Sklerose auch schon harte Zeiten erlebt. Wie sie wahrscheinlich auch. Zeiten in denen mein Leben nur aus Krankheit bestand.
Im Sommer 2000 bemerkte ich meine MS zum ersten Mal. Ich konnte das seltsame Gefühl in meinem Körper erst gar nicht einordnen. Die alltäglichsten Handgriffe erforderten plötzlich ein hohes Maß an Konzentration. Ein leichter Schwindel und ein undefinierbares Unwohlsein kamen noch hinzu und ich bekam irgendwie Angst. Schließlich ging ich zum Arzt. Nach dem üblichen hin und her stand die Diagnose MS fest. Ich bekam eine Langzeit Therapie mit Rebif 22 und den üblichen Nebenwirkungen.
In den nächsten drei Jahren passierte nichts weiter. Ich informierte mich über die Krankheit, fand sehr gute Neurologen und dachte im Laufe der Zeit immer weniger an sie. Im September 2003 änderte sich das. Von einem Moment auf den anderen wurde meine rechte Gesichtshälfte taub und ich bekam einen so starken Schwindel, dass ich erst glaubte einen Schlaganfall zu haben. Ich lies mich von der Arbeit in das nächste Krankenhaus fahren und erst dort dachte ich daran, ob das nicht mit meiner MS zu tun haben könnte. So war es dann auch.
In den folgenden sieben Monaten hatte ich neun Schübe bis hin zu Hirnstamm Anfällen. Meine Neurologen entschieden schließlich, mich in eine Klinik einzuweisen und ich entschied mich für die Marianne-Strauss-Klinik. Dort behandelte man mich dann mit Mitoxantron, einer Chemo Therapie. Danach wurde ich auf Copaxone eingestellt.
Ich möchte ihnen an dieser Stelle nicht meine persönliche Leidensgeschichte erzählen, sie haben ihre eigene.
Es gab Zeiten in denen ich gekämpft habe. Den ständigen Wechsel von Hoffnung und Zweifel den weiteren Verlauf meiner Krankheit betreffend. Ich hatte sehr viel Angst, habe aber auch ein paar außerodentlich liebe Menschen kennen gelernt. Ich kann sagen, dass ich sehr an dieser harten Zeit gewachsen bin. Ich habe mich selbst lieben gelernt. Fast möchte ich sagen, ich habe mich in dieser Zeit erst richtig kennen gelernt. Und ich habe ein ausgeglichenes Verhältnis von geben und nehmen in mein Leben integriert.
Meine Tiere haben mir neben den Ärzten, meiner Familie und ein paar wenigen guten Freunden sehr geholfen. Meine kleine Jack Russel Hündin Coco war stets an meiner Seite. Meine Stute Louisiana stellte sich jedes mal wieder auf meinen Zustand ein und passte sich meiner Kraft, Koordination und Beweglichkeit an. Bei meinen Tieren hatte ich nie das Gefühl weniger wert zu sein.
Ich glaube man sollte versuchen mit dieser Krankheit einen Weg zu finden. Man muss sie nicht lieben, aber man sollte sie akzeptieren. Ich sehe meine MS als einen Teil von mir und wir arrangieren uns jeden Tag neu.
Wenn mich im Moment jemand fragt wie es mir geht, antworte ich meist "Vielen Dank, sehr gut, ich bin gesund. Ob das in fünf Minuten noch so ist, kann ich wie jeder andere Mensch auch nicht sagen."
Die guten Tage kann Ihnen keiner mehr nehmen!
Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Ausdauer bei ihrem eigenen Kampf. Vergessen sie nie die schönen Dinge im Leben.